Zeitgen. Fotografie

contemporary photography

Was ist zeitgenössische Fotografie?

Alle sprechen davon, viele Museen zeigen es aber was ist eigentlich "zeitgenössische Fotografie"? nachstehend erläutern wir den Begriff und die Geschichte der Kunst-Fotografie.

 

Eine Deninition zeitgenössischer Fotografie

Fotografie ist heutzutage ein allgegenwärtiges Medium. Täglich werden hunderte Millionen Fotos geschossen und veröffentlicht. Seit der Digitalisierung und der Verbreitung von fototauglichen Smartphones kann jeder unkompliziert Fotos machen und (vorwiegend online) publizieren. Fotografie prägt unsere Wahrnehmung der Welt. In der Kunstwelt war die Fotografie lange umstritten, erst seit einigen Jahren wird Fotografie als vollwertige Kunstform akzeptiert. Inzwischen werden wie selbstverständlich auf Kunstmessen, in Galerien und sogar in Museen Fotografien gezeigt. Speziell die zeitgenössische Fotografie erfreut sich steigender Beliebtheit bei Publikum und Sammlern.

Aber was genau ist eigentlich "zeitgenössische Fotografie"?
Wörtlich betrachtet bezeichnet der Begriff "zeitgenössische Fotografie" (engl. "Contemporary Photography") Fotografie der Gegenwart oder Fotografie unserer Zeitperiode.
Aber auch wenn der Begriff nahelegt, dass jedes heute oder zeitnah gemachte Foto eine "zeitgenössische Fotografie" sei, wird dieser Terminus doch überwiegend für künstlerische Fotografie verwendet. Damit gilt der Begriff für die meisten heutigen Fotografien nicht, da die meisten fotografischen Aufnahmen weit davon entfernt sind, als künstlerische Werke anerkannt zu werden.
Aber wann ist ein Foto künstlerisch? Ab wann von künstlerischer Fotografie gesprochen werden kann ist nicht so einfach zu beantworten. Die Aufnahmequalität gibt keine sichere Auskunft. Nicht jedes mit einer High-End-Kamera aufgenommene Foto ist ein Kunstwerk, auf der anderen Seite kann sogar ein mit dem Smartphone aufgenommener Schnappschuss durchaus ein Kunstwerk sein. In der künstlerischen Fotografie (weitere Bezeichnungen Fotokunst oder Kunstfotografie) wird das Medium Fotografie als künstlerisches Ausdrucksmittel genutzt, das entstandene Werk ist als bildende Kunst zu verstehen. Die angewandte Fotografie hingegen bildet nur ab, sie dient kommerziellen Zwecken (z.B. Katalog-Abbildungen), der Dokumentation oder der Freizeitgestaltung.
Um ein Foto als Kunstwerk einordnen zu können sollten vor Allem zwei Aspekte beachtet werden:
1. Ist der Aufnehmende ein (idealerweise anerkannter) Künstler?
2. Erfolgte die Aufnahme des Fotos in künstlerischer Intention?
Problematisch ist die Einordnung insbesondere bei manchen Mode- oder Dokumentarfotografen. Hier werden teilweise sehr künstlerische Aufnahmen gemacht, welche die reine Abbildung weit übersteigen.

Aber auch innerhalb der zeitlichen Dimension herrscht manchmal Verwirrung wenn es um die genaue Definition von zeitgenössischer Fotografie geht. Es gibt keinen allgemein verbindlichen Zeitraum, für den der Begriff "zeitgenössische Fotografie" gilt. Verschiedene Kunsthistoriker und andere Kunst-Experten definieren "zeitgenössische Fotografie" beginnend mit der Zeit nach dem zweiten Weltkrieg, andere ab den 1970er Jahren. (Vereinzelt wird sogar Fotografie aus den 1930er Jahren noch dazu gerechnet, wenngleich das nicht sehr verbreitet ist). Am verbreitetsten ist die Definition zeitgenössische Fotografie für Fotografien ab den 1970er Jahren.
(Bei Kunstmessen oder Auktionen erfolgt die zeitliche Einordnung zeitgenössischer Fotografien praktischerweise meist parallel zu den obergeordneten Begriffen "zeitgenössische Kunst / Contemporary Art")

Zusammengefasst: Mit dem Begriff "zeitgenössische Fotografie" wird allgemein künstlerische Fotografie der Gegenwart, bzw. seit den 1970er Jahren bis heute, bezeichnet.

 

Der Weg der Fotografie zur autonomen Kunstform

Wie selbstverständlich stellen heutzutage etablierte Kunstmuseen Fotografien aus. Fotografie-Ausstellungen sind oft wahre Publikums-Magneten.
Fotokünstler wie Andreas Gursky, Cindy Sherman, Richard Prince sowie viele andere werden gefeiert und ihre Werke erzielen am Kunstmarkt Höchstpreise.
Doch dies ist noch icht lange so. Die Kunsteigenschaft der Fotografie stand lange Zeit zur Diskussion. Der Weg der Fotografie zur anerkannten vollwertigen Kunstform und ihr damit verbundener Einzug die Tempel der Kunst war lang.

Zunächst entwickelte sich die Fotografie zur Dokumentation, zum Festhalten von Geschehnissen. Später – nachdem die technische Weiterentwicklung die Verkürzung der anfangs noch überlangen Belichtungszeiten erlaubte – diente sie auch zum Porträtieren von Zeitgenossen. Bis in die 70er Jahre wurde dieses Medium von vielen Kunstwissenschaftlern noch immer als Handwerk gesehen, obwohl es schon lange zuvor künstlerische Fotografen gab.
Von dem heute als Foto-Künstler anerkannten französischen Fotografen und Mitbegründer der Foto-Agentur Magnum ist das Zitat bekannt: „Die Fotografie ist ein Handwerk. Viele wollen daraus eine Kunst machen, aber wir sind einfach Handwerker, die ihre Arbeit gut machen muessen.“

Wesentliche Argumente der Kunst-Anerkennungs-Verweigerer waren, daß der Fotograf ja nur abbilde und daß es ja kein Original gäbe (da man ja von jedem Negativ beliebig viele Abzüge machen könne).

Vorreiter bei der Anerkennung der Fotografie als Kunstmedium waren die USA und dort vor allem New York.
Eine wichtige Rolle spielte dabei die seit 1903 von dem amerikanischen Fotograf, Verleger und Kurator Alfred Stieglitz herausgegebene Fotozeitschrift „Camera Work“. Camera Work war die erste Fotografiezeitschrift, deren Betonung auf dem visuellen und nicht auf dem technischen Aspekt der Fotografie lag. Der Foto-Visionär Alfred Stieglitz kuratierte auch Ausstellungen der Camera Work und der amerikanischen Fotografie-Vereinigung Photo-Secession, viele davon in seiner New Yorker Galerie 291 (1905 als "Little Galleries of the Photo-Secession" gegründet) in der Fith Avenue.
1904 fand die viel beachtete Ausstellung "The First American Photographic Salon" in der New Yorker Clausen Gallery statt.
Im Jahr 1938 widmete das das Museum of Modern Art Walker Evans als erstem Fotografen eine Einzelausstellung mit dem Titel "American Photographs". Der Ausstellungskatalog zu "American Photographs" ist vermutlich das erste monografische Fotografie-Künstlerbuch.

Zum internationalen (und speziell europäischen) Durchbruch der Fotografie als Kunstform verhalf die 1964 von deutschen, niederländischen und schweizerischen Museen organisierte „Weltausstellung der Fotografie“. Die Ausstellung mit dem Thema „Was ist der Mensch?“ präsentierte Fotografien von 264 Fotografen aus 30 Ländern. Diese fand in drei Ländern und an neun Ausstellungsorten statt.
1968 wurde das Projekt noch einmal (als 2. Weltausstellung der Photographie) wiederholt. Beide Ausstellungen wurden wesentlich vom Verleger, Stern-Redakteur und Magnum-Mitgründer Karl Pawek organisiert. Viele der ausgestellten Fotografien wurden in einem Bildband abgebildet.

 

Die Bechers und ihre Schüler

Einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung der Fotografie im 20. Jahrhundert leistete das Fotografenpaar Bernd und Hilla Becher. Beide, inzwischen verstorben, nehmen Mitte der 1970er-Jahre ihre Lehrtätigkeit an der Düsseldorfer Kunstakademie auf – genauer: Es ist Bernd Becher, der dort ab 1976 eine Professur innehat und stets inhaltlich und didaktisch unterstützt wird von seiner Frau. Als ihr gemeinsames Leitmotiv lässt sich das Interesse am Sujet oder auch am „Objekt an sich“ und an dessen Wiedergabe unter größtmöglicher Reduktion subjektiver Einflüsse oder Interpretationen formulieren. Die Fotografie erscheint hierbei als Medium, das diese Prämissen am besten umsetzt. Selbstverständlich liegt auch der von den Bechers gewählten Arbeitsweise eine bewusste und subjektive Entscheidung zugrunde, sodass eine solche Objektivität zwar angestrebt, aber unmöglich in letzter Konsequenz verwirklicht werden kann.
Ihre Motive – Hochöfen, Fördertürme, Gasbehälter, Fachwerkhäuser – wählen sie aus einem ihnen vertrauten Kanon und zunächst in heimischer Umgebung, im Siegerland. Im Laufe ihres Schaffens kommen Motive aus vielen europäischen Ländern und den USA zu ihrer umfangreichen Sammlung von Industriedenkmälern hinzu, die zum größten Teil heute nur noch auf den Fotografien der Bechers überdauert haben.
Innerhalb der einzelnen Aufnahmen kommt es zur Ausbildung von Typologien mittels Aneinanderreihung, Gegenüberstellung oder Zusammenfassung mehrerer Einzelbilder zu Bildserien, die Unterschiede und Gemeinsamkeiten der Bauten verdeutlichen und diese vergleichbar machen. Die Art der Präsentation ist charakteristisch für das Werk der Bechers, der Begriff der „Typologie“ wird von ihnen geprägt. Das Prinzip der Serie wird zum Konzept der fotografischen Arbeit.
Mit der Wahl der Motive folgen sie zudem einer Intention, die Susan Sontag mit den Worten beschreibt: „Fotografieren heißt Bedeutung verleihen.“ Dinge und Gegebenheiten, die zunächst nicht bildwürdig erscheinen, werden zum Motiv erklärt und auf diese Weise der Vergessenheit entrissen.

Einer der bekanntesten Vertreter des Fotografen-Kreises um die Bechers ist Andreas Gursky. Seine Arbeit „Rhein II“, bei Christie’s in New York 2011 zum Preis von über vier Millionen US-Dollar versteigert, legt beredtes Zeugnis ab von der Bedeutung und Wertschätzung, die das Medium der Fotografie im Laufe der letzten Jahrzehnte innerhalb des Kunstkanons gewonnen hat und nach wie vor erfährt.
Gursky fotografiert bevorzugt städtische Räume und Produktionsstätten, Kathedralen der modernen Zivilisation, der Leistungs- wie auch der Spaßgesellschaft: Börsen, Supermärkte, Clubs; dazwischen aber auch kontemplative Ansichten wie eben die des ruhig dahinfließenden Rheins. Die Menschen auf den Fotografien wirken angesichts der vielfach übergroßen Abzüge oft winzig und zugleich jeder Individualität enthoben. Charakteristisch für die Fotografien Gurskys sind die matte Farbigkeit, das Fehlen dominierender Kontraste und farbiger Details sowie die Ausgewogenheit der Blickachsen. Seit 1992 – zwei Jahre nach dem Erscheinen von „Photoshop“, dem wohl bekanntesten Bildbearbeitungsprogramm – perfektioniert er seine Bilder mittels digitaler Montage, wobei er beispielsweise Motive verdoppelt und Farben intensiviert.

Neben Gursky sind es vor allem seine ehemaligen Studienkollegen Candida Höfer, Thomas Ruff und Thomas Struth, die – jeder auf seine individuelle Weise – die von den Bechers vermittelten Grundlagen in ihrem fotografischen Werk umsetzen.

Dabei ist Höfer sicherlich diejenige, die am dichtesten an ihren Lehrern bleibt, wenn sie, ausgerüstet mit der großen Plattenkamera, Räume ablichtet, die eher „leise Töne“ anklingen lassen, wie Bibliotheken, Konzertsäle oder Museen – hierin ergibt sich eine motivische Parallele zu Struth und dessen „Museumsbildern“.
Bereits Ende der 1960er-Jahre beginnt Höfer, sich mit dem Themenkreis der Innenräume zu beschäftigen, und seit Ende der 1970er-Jahre gilt diesem ihr Hauptinteresse. Ein Charakteristikum ihrer Arbeitsweise ist, dass sie keine Eingriffe in die reale Situation vornimmt, nichts verändert, indem sie etwa Möbel anders platziert; auch digitale Nachbearbeitung kommt für sie – anders als für Gursky und Ruff, aber ebenso wie für die Bechers und Struth – nicht infrage. Und doch, so unprätentiös die Aufnahmen auch sein mögen, sind sie stets durchdacht und keine zufälligen Schnappschüsse.

Im Falle von Thomas Ruff erscheint es schwierig, klar zu benennen, welcher Thematik sein Hauptinteresse gilt. Während es bei Andreas Gursky und Candida Höfer um menschliche Lebensräume geht – seien sie nun von Menschen bevölkert oder auch menschenleer, innerhalb oder außerhalb von Gebäuden –, hat Ruff sich im Laufe seiner fotografischen Tätigkeit mit den unterschiedlichsten Gebieten auseinandergesetzt, wobei auch bei ihm der Mensch im Vordergrund steht, auch wenn dieser nur in seinen „Porträts“ tatsächlich anwesend ist.

Das Werk von Thomas Struth umfasst, ähnlich wie das von Ruff, sowohl Architektursujets als auch Aufnahmen von Menschen, so in den bereits erwähnten Innenansichten aus Museen. Seine Arbeiten zeichnen sich durch eine „klassischere“ Umsetzung aus; er experimentiert nicht mit digitaler Bearbeitung so wie sein Künstlerkollege. Wie die Fotografien der Bechers wirken seine Aufnahmen von Orten, von Straßenzügen und Häusern oft zeitlos.

Doch schon weit vor den Bechers und ihrer Klasse, insbesondere in den 1920er-Jahren, gibt es mit Albert Renger-Patzsch und anderen Vertretern der Neusachlichen Fotografie eine Bewegung, die sich dem verschrieben hat, was dieser als das Geheimnis einer guten Fotografie bezeichnet: Dieses beruhe in ihrem Realismus. Andere Zeitgenossen rund um den Bauhaus-Künstler László Moholy-Nagy postulieren als Anhänger des sogenannten Neuen Sehens die Rolle der Fotografie als Feld des Experimentierens und der Suche nach neuen Möglichkeiten der Abstraktion. Es tun sich hier zwei Gegenpole auf – die Kunstfotografie versus die „fotografische Fotografie“.
Renger-Patzschs Forderung lautet, die Kunst „den Künstlern zu überlassen“ und im Umkehrschluss Aufnahmen zu schaffen, die mit rein fotografischen Mitteln auskommen und bestehen, ohne sich Anleihen aus der Bildenden Kunst zu bedienen. Eine Fotografie soll reinen Dokumentcharakter haben, was jegliche Retusche, Montage oder sonstige Bearbeitung ausschließt. Ohne es zu ahnen, legt er einen Grundstein für eine jahrzehntelange, noch heute hin und wieder aufflammende Diskussion – die Frage nach dem Kunstwert der Fotografie. Denn obwohl die Fotografie aus der aktuellen zeitgenössischen Kunstschöpfung kaum noch wegzudenken ist, gibt es immer noch vereinzelte Stimmen, die der Fotografie die Anerkennung als Kunst verweigern oder diese zumindest anzweifeln. Aber es sind nur noch sehr wenige.

 

Fotografie als modernes Tafelbild

Heute scheinen uns Forderungen nach Verzicht Bild-Nachbearbeitung weitgehend überholt, folgen ihr doch nur noch wenige Fotografen: Die digitale Überarbeitung oder wenigstens die elektronische Bildverarbeitung ist oftmals fester – und auch akzeptierter – Bestandteil des kreativen Prozesses.
So haben Photoshop und andere digitalen Bildbearbeitungsprogramme zu wesentlichen Erweiterungen und Neuerungen der Bildsprache geführt. Durch die nahezu unbegrenzten Gestaltungsmöglichkeiten ist die digital nachbearbeitete Fotografie eine universale künstlerische Technik geworden. Auch wenn es bereits vor "Photoshop" Möglichkeiten der Bildbearbeitung und -manipulation gab, war spätestens mit Erscheinen dieses mächtigen und vielseitigen Werkzeuges die Zeit der Photografie als Abbildung der Wirklichkeit Geschichte.

Gregory Crewdson beispielsweise versieht seine hollywoodreif inszenierten Szenen der letzten sechs bis sieben Jahre mit dem letzten digitalen „Schliff“. Cindy Sherman, Meisterin der (Selbst-)Inszenierung, deren „Untitled Film Stills“ von 1977 bis 1980 zu den Ikonen der modernen Fotografie gehören, bedient sich bei ihren „Clowns“ der digitalen Bildbearbeitung.
Bemerkenswert ist, dass Sherman nach wie vor ganz oben in den Kunst-Ranglisten dieser Welt rangiert, etwa als eine der zehn einflussreichsten Künstlerinnen im alljährlichen „Kunstkompass“ – obwohl die Serie, wenn auch ihr jüngstes Projekt, gar nicht mehr so neu ist: Entstanden sind die „Clowns“ in den Jahren 2003 und 2004.
(Gemessen wird im Ranking übrigens mitnichten der pekuniäre Erfolg mittels Verkaufszahlen oder Auktionsergebnissen, sondern die Aufmerksamkeit, die einem künstlerischen Œuvre zuteilwird – das eine geht mit dem anderen selbstverständlich Hand in Hand. Zugleich zeigt sich darin, dass die Fotografie längst nicht mehr schnelllebig, ein Medium nur für den Augenblick ist, sondern gleichermaßen über lange Zeiträume ihre Wirkung entfalten kann wie die Malerei).Zeitgenössische Fotografie wird damit zu einer modernen Form des Tafelbildes. Damit verbunden ist allerdings der Verlust des Glaubens an die klassische dokumentarische Funktion der Fotografie, galt das Foto doch lange Zeit als "wahre" Darstellung der Realität.

Ein extremes Gegenbeispiel zur computerunterstützten Fotoproduktion ist Thomas Demand. In aufwändiger Handarbeit baut er architektonische Modelle, oft relevanter Orte, aus Papier und Pappe welche er dann fotografiert. So entstehen verflüffend realistisch aussehende Fotografien, welche erst bei bei sehr genauem Hinsehen als unecht erkannt werden können. Seine Modelle werden anschließend zerstört.Einen ganz anderen und umstrittenen Weg geht Richard Prince. Der amerikanische Maler und Fotograf ist ist ein Vertreter der Appropriation Art. Er eignet sich die Werke anderer an indem er diese abfotografiert und als eigene Kunst deklariert. Diese Art zu arbeiten bezeichnet er als "refotografieren". Am bekanntesten sind seine Fotos von Cowboys aus der Marlboro-Werbung. Auch Bilder von Instagram hat er für große Beträge verkauft ohne die ursprünglichen Fotografen zu beteiligen.

 

Nie wurde so viel fotografiert wie heute

Ein nicht zu unterschätzender Aspekt der modernen Fototrafie ist der ständige technische Fortschritt. War die Fotografie früher technisch sehr anspruchsvoll und damit einem kleinen Kreis Eingeweihter vorbehalten, so erlauben heute immer bessere und immer einfacher zu bedienende Aufnahmegeräte auch Laien technisch gute Aufnahmen. Technisch ausgefeilte Motiv- und Korrekturprogramme, Autofocus und intergrierte Bildoptimierung sorgen dafür, daß fast jedes Foto mehr oder weniger gelingt. Zusätzlich hat durch die Smartphones mit integrierter Kamera praktisch jeder ständig ein Aufnahmegerät dabei. Beides zusammen führt dazu, daß heutzutage jeder ein Fotograf ist.

Auch die niedrigen (bis quasi nicht vorhandenen) Kosten digitaler Aufnahmen verändern das Verhältnis zum Foto. Als noch auf Filmmaterial (Negativ oder Dia) produziert wurde und davon relativ teure Abzüge gemacht wurden hatte das einzelne Foto allein auf Grund der Kosten eine höhere Wertigkeit und Exklusivität. Man überlegte genauer ob man den Auslöser drückte, schon weil die Zahl der möglichen Fotos auf einer Filmrolle auf 24 oder 36 Bilder limitiert war. Preisgünstige Speicherkarten mit riesigem Datenvolumen machen bei der Fotoproduktion solche Überlegungen überflüssig. Im Zweifelsfall wird erst geschossen und dann überlegt - zumal ja überflüssige Fotos nachträglich gelöscht werden können. Hinzu kommen die extrem einfachen und vielfältigen Möglichkeiten der Veröffentlichung in unzähligen Online-Galerien, auf Foto-Plattformen und in sozialen Medien.
Diese Entwicklungen sorgten für einen Boom der Fotoproduktion. Nie in der Geschichte wurden in so kurzer Zeit solche immensen Bilder an Fotos produziert. Allein auf der Foto-Blogging Plattform Tumblr werden täglich weit über 100 Millionen Fotos veröffentlicht.
Es wird ständig und alles fotografiert, was automatisch auch zu Bildern führt, welche früher kaum denkbar waren.

Ein Heer von Amateuren sorgt für eine immer größere Flut an Fotos, in immer höheren Auflösungen und durch neue Techniken (wie z.B. HDR) teilweise in sehr hoher technischer Qualität. Durch Verlinken, Liken und Kopieren verfieltätigt sich die Bilder-Präsenz zusätzlich. Diese Bilderflut beeinflußt die Wahrnehmung. Die ständige Verfügbarkeit von fotografischen Aufnahmegeräten hat das gesamte Medium Fotografie bereits verändert. Die Ästehtik der Smartphone-Schnappschüsse und Polaroid-Ähnlicher Filtereffekte (wie z.B. bei Instagram) hat längst Einzug in die Bildästhäthik der Werbung und der Medien gehalten und beeinflußt auch die Profi-Fotografie. Neben "klassisch" produzierten und perfekt ausgeleuchteten Bildern sind vielfach Fotos der neuen Internet-Ästhethik gefragt, welche wie mit dem Smartphone gschossen aussehen (und aussehen solen).
Angeschnittene Motive und Verwackelungen stehen für Spontanität, Fehlbelichtungen und Farbstiche für Kreativität, banale Locations und Szenerien für Authentizität. In diesem Umfeld millionenfacher "kreativer" Fotos ist es für den zeitgenössischen Fotokünstler schwer sich zu behaupten und herauszustechen.

Wie sich dieses Umfeld langfristig auf die künstlerische Fotografie auswirkt, bleibt abzuwarten.


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